Der letzte Schritt als grüner Fußabdruck

Bundesweit Vorreiter: Feuerbestattung Südostbayern will bereits 2023 ihre Anlagen klimaneutral betreiben

Im Zeichen des Klimaschutzes hat sich die Feuerbestattung Südostbayern (FBSO) ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Das Traunsteiner Unternehmen will als erstes Krematorium in Deutschland bis 2023 im Anlagenbetrieb komplett CO2-neutral sein.  Wie das gelingen soll, stellte Geschäftsführer Thomas Engmann zusammen mit Traunsteins Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer und Experten bei einem Pressetermin vor.

Bei jährlich 8.000 Kremationen fallen bei der FBSO aktuell 150 bis 160 Tonnen CO2 an. Damit liege man jetzt schon deutlich unter dem durchschnittlichen Ausstoß anderer Anlagen, erläuterte Engmann. Insgesamt erzeugen die bundesweit knapp 170 Feuerbestattungsanlagen – die Hälfte davon in kommunaler Hand – aktuell pro Jahr zwischen 100.000 und 250.000 Tonnen Kohlendioxid.

Mit dem „Projekt 2023 – Klimaneutraler Betrieb der Feuerbestattung Traunstein“ möchte Engmann bundesweit einen Impuls setzen. Denn obwohl der Klimaschutz insgesamt immer mehr an Bedeutung gewinnt, sei der klimaneutrale Betrieb von Feuerbestattungsanlagen bisher in den wenigsten Fällen Bestandteil der Bestattungsphilosophie. Speziell die Wirtschaft sieht der Unternehmer in der Pflicht, um die hochgesteckten Klimaziele zeitnah zu erreichen. Den klimaneutralen Betrieb will die FBSO dabei nicht durch den Kauf von Ausgleichszertifikaten, sondern mit konkreten Maßnahmen erreichen.

So werden die beiden Ofenlinien bereits seit Oktober letzten Jahres nicht mehr mit fossilem Erdgas, sondern mit klimaneutral erzeugtem Bio-Methan betrieben. Die FBSO ist damit bundesweit Vorreiter. Der Brennstoff wird von Biogasanlagen-Betreibern nach entsprechender Aufbereitung ins Erdgasnetz eingespeist, wie Stefan Will, Geschäftsführer der Stadtwerke Traunstein, erläuterte. Neue Photovoltaikanlagen sollen der FBSO jährlich rund 50.000 Kilowattstunden Strom für den Eigenbedarf liefern, erklärte Engmann weiter. Den zusätzlich benötigten Strom bezieht das Unternehmen als regenerative Energie von den Stadtwerken Traunstein. „Unser Ökostrom wird zu 100 Prozent aus Wasserkraftanlagen im Alpenraum erzeugt“, erklärte Will dazu.  Aktuell liegt der Jahresenergieverbrauch der FBSO bei 640.000 Kilowattstunden.

Mit der Anschaffung des ersten E-Mobils für Mitarbeiterfahrten in der Region – einem VW ID3 – will das Unternehmen auch seine Fahrzeugflotte schrittweise von Diesel auf Elektrobetrieb umstellen. Probleme bereiten aktuell noch die zu geringe Reichweite größerer E-Transporter, hieß es im Gespräch.

Um die Einsparmaßnahmen zu einem schlüssigen Gesamtkonzept zu verknüpfen, bei dem auch die Abgabe von Strom und Wärme an Dritte eine Rolle spielt, hat sich die FBSO wissenschaftliche Unterstützung geholt.  Als Auditor und Maschinenbauingenieur unterstützt Prof. Dr.-Ing. Dominikus Bücker von der Technischen Hochschule Rosenheim mit seinem Institut für nachhaltige Energieversorgung die Optimierung der Prozesse und Einsparpotentiale. „Der Schlüssel für den klimaneutralen Betrieb liegt in der intelligenten Verzahnung von Energieeinsparung, Effizienzmaßnahmen und der Umstellung auf erneuerbare Energien“, sagte Bücker.

Traunsteins Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer wiederum freute sich über die „tatkräftige Unterstützung eines heimischen Unternehmens“ im Rahmen des Traunsteiner Klimaschutzkonzepts. Bis 2030 sollen Stadtverwaltung und städtische Betriebe klimaneutral sein, bis 2040 die ganze Stadt.

Gibt es überhaupt einen Markt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Bestattungswesen? Wie Engmann anhand von Filminterviews mit zwei regionalen Bestattern belegte, wächst das Interesse an biologisch abbaubaren Aschekapseln und Särgen aus nachhaltiger regionaler Holzwirtschaft. Rund 70 Prozent der Bestatterkunden hätten Derartiges bereits im Programm. Die Kremation selbst als Kernprozess ebenso nachhaltig zu gestalten, sei da nur konsequent. „So bleibt vom letzten Schritt nur ein grüner Fußabdruck, der auch die Nachwelt im Blick hat“, fasste der Traunsteiner Unternehmen das „Projekt 2023“ zusammen. Die Mehrkosten würden pro Kunde mit zehn Prozent zu Buche schlagen. Insgesamt investiert die FBSO 250.000 bis 300.000 Euro für die Umstellung auf Klimaneutralität.

Die Feuerbestattung Südostbayern will bis 2023 bundesweit eine Vorreiterrolle für klimaneutralen Anlagenbetrieb übernehmen. Geschäftsführer Thomas Engmann (2. von links) erläuterte die Details im Gespräch mit Stefan Will, Geschäftsführer der Stadtwerke Traunstein, Willi Nolte, Referent des Stimmkreisabgeordneten Klaus Steiner, OB Dr. Christian Hümmer und Prof. Dr.-Ing. Dominikus Bücker von der Technischen Hochschule Rosenheim.

Urnenbestattung im Aufwind

Als bundesweit drittes privates Krematorium ging die Feuerbestattung Südostbayern (FBSO) in Traunstein  2001 in Betrieb. Zu den Kunden zählen Bestattungsunternehmen im Umkreis von 150 Kilometern aus dem gesamten südbayerischen Raum bis nach Weilheim und Dachau. Dank modernster Anlagen werden die vorgeschriebenen Immissionsschutz-Richtwerte bereits seit vielen Jahren um 90 Prozent unterschritten.  Laut Auskunft der Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen lag der Anteil der Urnenbestattungen 2020 bundesweit bei 76 Prozent. Tendenz steigend. Vom Kohlendioxidausstoß her entspricht eine Einäscherung – mit Blick auf den Gesamtprozess – mit 18,75 kg CO2 laut Berechnung von Prof. Dr.-Ing. Dominikus Bücker (TH Rosenheim) einer Pkw-Fahrt über 100 Kilometer. Eine Initiative der FBSO und weiterer Marktteilnehmer, die gesetzlichen Anforderungen an die Humankremation mit Blick auf die Klimarelevanz zu verschärfen, wird vom Traunsteiner Stimmkreisabgeordneten Klaus Steiner (CSU) unterstützt.

Wir sind klimaneutral. Seit 2023 betreiben wir unsere Feuerbestattung klimaneutral und ermöglichen, dass nun auch der letzte Schritt eines Menschen nachhaltig gegangen werden kann. Mehr erfahren.